MATTHIAS WOHLGENANNT
WORKS
OBSERVATORIUM
Brillengläser verschiedener Stärken, Sonnenbrillengläser, Verbindungselemente und Trägerkonstruktionen aus Kunststoff, Holz, Aluminium
DRIP PAINTING Series
Acryl auf Leinwand
DRAWING
Bleistiftzeichnungen
STUDIOLO
Acrylintarsien
BACKGROUNDS
Collagen aus Lifestyle-Magazinen
CV
BIOGRAFIE
1999-2003 | Studium bei Prof. Sighard Gille, Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig
2003-2005 | Studium bei Prof. Horst Sauerbruch, Akademie der Bildenden Künste, München
2005-2006 | Studium bei Prof. Albert Hien, Akademie der Bildenden Künste, München
2009-2015 | Künstlerischer Mitarbeiter von Prof. Albert Hien, Akademie der Bildenden Künste, München
AUSSTELLUNGEN - AUSWAHL -
2020
„landscape, landmarks & borders“, Haberkasten Mühldorf
„hutArtig“, Deutsches Hutmuseum Lindenberg
2019
„Aktuell“, Kunstverein Rosenheim
2018
„MAP, MIND, MEMORY“, Kunsthalle Kempten
2017
„PITCH LINE“, Galerie Jens Walther, Berlin
„Entdecken Recyclen Bewahren“, Schwäbische Galerie Oberschönenfeld
2016
„Lichtgestalten“, Säulenhalle Landsberg
2015
„MAP, MIND, MEMORY“, Galerie der Künstler München
„Weltraum“, Rathausgalerie München
2014
„STUDIOLO INVERSO“, Galerie Jens Walther, Berlin
„Beyond beyond the Brillo Box“, Galerie Royal, München
2013
„defragment“, Altes Gefängnis Freising
„Landschaft in Schwaben Heute“, Schwäbische Galerie Oberschönenfeld
2012
„Bilder Bauen“, Kunsthalle Kempten
„Zoo On“, Weltraum München
2011
„pop hits“, Tanzschule Projects, München
„Jahresausstellung 2011“, Kunstverein Rosenheim
„reflectionfactory“, Kunstarkaden der Stadt München
2010
„Prolog 6“, Galerie Parterre, Berlin
„Chapeau Claque“, Kesselhaus, Lindenberg
„Observatorium“, Weltraum, München
„viermaleins“, Kunstgalerie Fürth
2009
„Strichwärts“, Galerie Pankow, Berlin
„Weltraum“, Lothringer13, München
2008
„Prolog 3“, Anton Schwarzbach, Berlin
2007
„Silicone Valley“, Weltraum, München
2005
„Invasion“, Pasinger Fabrik, München
ABOUT
(...)
Sehfehler
Matthias Wohlgenannt hat sich Hunderte von Augen zu Helfern gemacht, die in Gestalt von Brillenlinsen seinen Blick multiplizieren und auf unterschiedlichste Bildebenen scharf stellen. Hier stand nicht nur der 100-äugige Argus Pate (von Juno einst zur Bewachung der Nymphe Io bestellt, gilt er als Symbol für nimmermüde Wachsamkeit und Misstrauen), sondern auch die Idee, dass die Vielgestaltigkeit der Natur nur mit Hilfe eines multifokalen Beobachtungsmodus‘ erfassbar sei. Denn jede Linse ist das Resultat eines korrigierten Sehfehlers. Und ist nicht die Akkumulation von Korrekturen eine Möglichkeit, dem umfassenden Blick, der Erkenntnis so nahe als möglich zu kommen?
Foto: Kilian Blees
Observatorium
Ein Observatorium im klassischen Sinn ist eine Beobachtungswarte, ein hoher Turm zum Beispiel. Noch besser funktioniert es, wenn es zudem einsam auf einem Berg möglichst weit weg von aller Zivilisation errichtet wurde. Eine andere Form des Observatoriums sucht gerade die Nähe zu den Menschen und kompensiert die mangelnde Distanz, indem es sich tarnt. Tarnung funktioniert als optische Anpassung und Einfügung in eine Umgebung, in der der getarnte Gegenstand eigentlich ein Fremdkörper ist. Bereits in frühen Überlegungen hat Matthias Wohlgenannt sein Observatorium als gläsernes Haus konzipiert. Ein Haus mit tausend beob- achtenden Augen. Ein Gebäude aber auch, das aufgrund seiner transparenten Materialität und flirrenden Oberflächen quasi unsichtbar ist.“
(...)
Albert Hien: Tarnformen des Erhabenen, in M. Wohlgenannt: „bilder bauen“, Kunstverlag Josef Fink
Foto: Leonie Felle
„Observatorium-Bauteil 03“ stellt auch die Frage nach dem Standpunkt des Betrachters. Wir haben uns seit der Renaissance daran gewöhnt, die Welt zentralperspektivisch, als infinitesimale Flucht in den Punkt zu begreifen. Dieser Fluchtpunkt freilich spiegelt nur den Augpunkt wider, auf den er stets bezogen ist. Der Blick ist unter dem zentralperspektivischen Dogma starr geworden, der Betrachter wird zum einäugigen Zyklopen.
In der Installation „Observatorium-Bauteil 03“ wird der Focus wieder multipliziert. Diese Linsen haben ihre Augpunkte verloren, von denen aus das Bild als Wirklichkeit erscheint. Sie schaffen einen multiplen Zerrraum, der sich seiner Erschließung verwehrt. Anders als beim Kaleidoskop entsteht aber keine ornamentale Ordnung. Anders als bei der barocken Anamorphose wird der Betrachter nicht geleitet und in Bewegung gesetzt. Man versucht dem Objekt auszuweichen und ist doch gleichzeitig fasziniert von seiner Ambivalenz. Es schwankt zwischen optischem Effekt und beängstigender Dinglichkeit. Die Linse als Prototyp wissenschaftlichen Beobachtens einerseits, das Vanitassymbol der abgelegten Brille andererseits. Was haben die Augen gesehen, für die diese Linsen zurecht geschliffen sind?
Ein Observatorium schafft einen Standpunkt, von dem aus die Welt beobachtet, fokussiert und gebündelt werden kann. Hier der Augpunkt, das Gesetz in mir, dort das System unendlicher Lichtpunkte, der im Urknall explodierte Weltraum über mir. Die Installation stört diese Ordnung. Es spiegeln sich viele Sonnenpunkte, doch sie lassen sich nicht bündeln. Die Monstrosität der räumlichen Unendlichkeit wird für einen Moment erfahrbar.
Gerhard Schebler über „Observatorium-Bauteil 03“
Foto: Leonie Felle